Gewählt und jetzt?
Gestern war ein schwerer Wahlsonntag. Die SPD hat eine bittere Niederlage im Bund und hier vor Ort erlitten. Vor Ort haben wir mit unserem Kandidaten Ingo Schäfer einen leidenschaftlichen und frischen Wahlkampf geführt. Viele Helferinnen und Helfer haben Ingo seit seiner Nominierung begleitet und unterstützt. Dafür gilt ihm und allen, die dabei waren, großer Dank und Anerkennung.
In Berlin ist die Große Koalition zurecht abgewählt worden, eine solche Koalition sollte in unserem Land nur die Ausnahme bleiben, denn die Debattenkultur hat darunter gelitten. So sehr, dass es viele Wählerinnen und Wähler aus Protest aus der Mitte an den rechten Rand gedrängt hat. Sie hatten keinen Bock mehr – auf Stillstand und zu wenig kritische Stimmen. Es ist richtig, dass die SPD die Konsequenzen ziehen wird und die Opposition im Bund anführt. Denn in unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung gehört eine funktionierende Opposition genauso als Bestandteil dazu wie eine stabile Regierung. Ich mag mir nicht vorstellen, welches Bild es gegeben hätte, wenn auf die Bundesregierung als erstes die Rechten im Bundestag das Wort ergriffen hätten.
Ein deutliches Signal aller Demokraten ist es, dass wir nun gemeinsam verhindern werden, den Grundkonsens unseres Landes 72 Jahre nach Ende der Naziherrschaft aufzugeben. Dieser Konsens besagt: wir werden die Gräueltaten und Toten nicht vergessen und es nicht zulassen, dass Rechte die Geschichte unseres Landes glattbügeln wollen. In Deutschland haben nationalistische und völkische Gedanken auch weiter keine Mehrheit. Denn wir sind Demokraten in einem gemeinsamen Europa. Dafür zu kämpfen und zu werben wird die wichtigste Aufgabe in der neuen Wahlperiode des Bundestages sein.
Ich wünsche den neu- und wiedergewählten Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag nun viel Kraft und Erfolg bei der wichtigen Aufgabe eines Neuanfangs. In der SPD insgesamt werden wir mit den vielen Menschen, die seit Beginn des Jahres ihre politische Heimat in der SPD gefunden haben, diesen Aufbruch gemeinsam meistern. Vielleicht gelingt dies leichter, denn nun sind wir von der Notwendigkeit befreit, die Kompromisse in Berlin zu vertreten und zu verteidigen. Die trotzdem häufig nur eins waren: Kompromisse.
Ich wünsche mir jetzt mehr Debatte und Diskurs über die Bundespolitik. Denn es gibt viele Fragen, auf die ich in den letzten Wochen angesprochen wurde: Rente, Löhne, Mieten. Darauf müssen wir in leidenschaftlichen Debatten Antworten finden. Und die dürfen und sollen zwischen den großen Strömungen unseres Landes auch mal unterschiedlich ausfallen.