Wirtschaftsrecht-Studierende der BiTS diskutierten mit Sven Wolf
Die übliche eine Stunde Gesprächszeit mit einem Abgeordneten des Landtags reichte nicht aus für die vielen Diskussionspunkte, die zwölf Studierende der Business and Information Technology School mit dem Rechtspolitiker Sven Wolf am Plenarmittwoch erörterten. Gemeinsam mit ihrer Dozentin, der Prodekanin der privaten Hochschule Prof. Dr. Eva Feldmann, waren sie aus Iserlohn nach Düsseldorf gekommen, um sich einen Eindruck von der Plenardebatte und der Rechtspolitik des Landes zu verschaffen.
Der große thematische Bogen begann bei Fachaspekten des Insolvenzrechts und reichte über Liquiditätskredite der Kommunen und den Stärkungspakt Stadtfinanzen, Steueraufkommen und Hebesätze bis zu strafrechtlichen Fragen des Strafrahmens bei Ordnungswidrigkeiten, wie etwa der Handynutzung beim Autofahren, und bei gravierenden Verstößen wie illegalen Autorennen.
Kritik wurde von einigen Studenten an den Instrumenten geübt, mit denen bei Ordnungswidrigkeiten reagiert werde. „Die Maßnahmen gehen in die falsche Richtung, wenn statistisch als Unfallsache Nr. 1 fehlerhaftes Abbiegen und Wenden erfasst wird, aber mit Geschwindigkeitskontrollen eher auf eine Unfallursache Nr. 4 in der Statistik reagiert wird – weil man damit aber mehr Geld einnehmen kann,“ meinte ein Student. Konsens bestand darin, dass ein Führerscheinverlust oder ein Fahrzeugentzug bei illegalen Autorennen effektivere Maßnahmen wären. Sven Wolf konnte hierzu eine Anekdote aus seinem Referendariat beisteuern, in der er es mit zwei Abiturienten zu tun gehabt hatte, die ein illegales Rennen veranstaltet hatten, bei dem aber glücklicherweise kein Beteiligter verletzt wurde. Wichtig sei, so Wolf, den Tätern die möglichen Folgen – die Gefährdung von Menschenleben – deutlich aufzuzeigen. Die zwei jungen Menschen, denen er bei der Staatsanwaltschaft gegenübergestanden hatte, wären sich dessen nicht wirklich bewusst gewesen.
Sven Wolf machte aber auch deutlich: „Ein höherer Strafrahmen ist nicht in jedem Fall eine effektive Stellschraube. Bei Ordnungswidrigkeiten mag das ein Mittel sein, Straftaten resultieren jedoch oft aus einer Eskalation von Situationen – wie bei Tätlichkeiten gegen Ordnungskräfte und Polizisten – oder die Täter sind von ihrer Vorgehensweise und einem ‚Nicht-Erwischtwerden‘ überzeugt. Wer eine Straftat begeht, schaut in der Regel nicht vorher ins StGB, welches Strafmaß ihn erwartet.“
Fotos: Daniel Behmenburg
Auch der Entwurf eines Unternehmensstrafrechts kam zur Sprache. Studenten machten hier auch Einwendungen hinsichtlich der Arbeitsplatzgefährdung. Hier machte der Abgeordnete deutlich, warum über eine Haftung der Unternehmen und nicht nur der ausführenden einzelnen Mitarbeiter diskutiert werde: „Es sollen auch diejenigen zur Verantwortung gezogen werden können, die wirtschaftlich von einem gesetzeswidrigen Vorgehen profitiert haben. Ein großer gesamtwirtschaftlicher Schaden entsteht durch Wirtschaftskriminalität und Schmiergeldzahlungen. Unternehmen, die durch die Umsetzung von Compliance-Regeln dem entgegensteuern, können dies auch zu ihrer Entlastung vortragen. Im Vergleich zu den durch US-amerkanische Anwälte oft erstrittenen Schadensersatzzahlungen würde ein deutsches Unternehmensstrafrecht vermutlich eher weniger gravierend erscheinen.“
Abschließend ging es dann noch um die Frage, wie der Kontakt zu den Abgeordneten anderer Fraktion auch außerhalb der Sitzungen sei und ob sich nach Einschätzung des Abgeordneten durch den möglichen Einzug von populistischen Parteien etwas ändern würde. „Gehören – langfristig gesehen – Populisten zu einem politischen System?“, wollte ein Student wissen und mahnte an, die etablierten Parteien sollten sich auch selbstkritisch fragen, warum die Leute solche wählen würden.
Sven Wolf meinte: „Neue Parteien, die auch Protestwähler anziehen, wird es immer wieder geben. Manche, wie Bündnis 90/Die Grünen, etablieren sich auch mit der Verankerung bestimmter Schwerpunkte in der Gesellschaft und einer Ausweitung ihres Themenspektrums, manchen gelingt das nicht. Demokratie ist aber immer konstruktiver Streit und Argumente-Austausch in der Sache und hat nichts mit Streiten in Form bloßer persönlicher Angriffe zu tun. Der politisch Andersdenkende hat sich auch Gedanken über seine Argumente gemacht. Insofern ist das Verhältnis auch nach der Debatte untereinander respektvoll. Etwas anderes ist es, wenn es Populisten eigentlich darum geht, das demokratische System als solches abzuschaffen, und sie mit plumpen Parolen die irrationalen Ängste der Menschen – zum Beispiel vor dem Verlust von Sicherheit – zu ihrem Vorteil ausnutzen. Ich finde es wichtig, dass wir eine wehrhafte Demokratie haben und auch intolerant mit denen sein dürfen, die gegen das System agitieren, Hass schüren und aufwiegeln.“