Kein Wahlkampf des türkischen Präsidenten in NRW
In den letzten Tagen erreichte mich häufig Fragen zum geplanten Wahlkampf-Auftritt des türkischen Präsidenten in Deutschland und in NRW. Hierzu meine Antwort:

Ich teile die Sorgen und lehne es strikt ab, dass die türkische Regierung versucht in Deutschland oder in NRW Wahlkampf für ein Referendum zu machen, dass die türkische Verfassung weiter von unseren europäischen Werten wegbewegen wird. Wird die Änderung beschlossen, dann verliert das türkische Parlament viele seiner Rechte und wird geschwächt. Das schwächt auch die Demokratie in der Türkei.
Mein Landtagskollege Ralf Jäger hat sich hierzu für die NRW Landesregierung deutlich positioniert. Er sagte im Kölner Stadtanzeiger: „Die Freiheit der Meinungsäußerung hier darf nicht missbraucht werden, um für eine Verfassungsänderung in der Türkei zu werben, mit der Grundrechte eingeschränkt werden sollen. Wir müssen verhindern, dass innertürkische Konflikte bei uns ausgetragen werden.“
Mein Kollege Ibrahim Yetim, integrationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW warnt davor, dass solche Wahlwerbung Konflikte verschärfen würde. „Bereits frühere Auftritte in Deutschland haben dem Zusammenleben und den Integrationsbemühungen massiv geschadet. Es ist zu befürchten, dass ein weiterer Auftritt Erdogans Konflikte in Familien und Freundeskreisen verschärfen und bei den deutschen Bürgerinnen und Bürgern für Unverständnis sorgen würde.“
Ich begrüße es als Rechtspolitiker sehr, dass sich auch schon im vergangenen Jahr der Deutsche Juristentag in Essen deutlich positioniert hat und die Angriffe der türkischen Regierung auf die Unabhängigkeit der Justiz und die Grundsätze des Rechtsstaates abgelehnt hat. Es war eine selten und bemerkenswerte Positionierung der Deputation des Deutschen Juristentages, der sich in der vergangenen Jahren nur selten so klar zur Tagespolitik in einem anderen Land geäußert hat. Diese Erklärung findet auch weiterhin meine volle Unterstützung. Die Erklärung ist hier nachzulesen.
Wer kann den Auftritt untersagen?
Nun stellt sich die Frage, wer ist denn eigentlich für eine solche Entscheidung zuständig und wer kann den Auftritt des Präsidenten verhindern. Hierzu hat der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshof NRW, Dr. Michael Bertrams, klare und verständliche Ausführungen gemacht. Er ist der Ansicht, zwar könne sich in Deutschland jeder auf das Versammlungsrecht nach Art. 8 des Grundgesetzes berufen. Schutzzweck bleibe aber die Bürger hier im Land vor dem Zugriff des Staates zu bewahren. Dabei verweist er auf eine vom Bundesverfassungsgerichts bestätigte Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Münster, in dem das Versammlungsrecht auf solche Fragen keine Antworten geben könne. Im damaligen Leitsatz zur Frage der Videoübertragung einer Rede von Erdogan hieß es : „Das prinzipielle Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters aus Art. 8 I GG, die auf der Versammlung auftretenden Redner festzulegen, ist kein Instrument dafür, ausländischen Staatsoberhäuptern oder Regierungsmitgliedern ein Forum zu eröffnen, sich auf öffentlichen Versammlungen im Bundesgebiet in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger amtlich zu politischen Fragestellungen zu äußern.
Darüber zu entscheiden ist allein Sache der Bundesrepublik Deutschland.“
Michael Bertrams ist der Ansicht, hier müsse nun die Bundesregierung ein Besuch des türkischen Präsidenten unterbinden. In seiner Kolumne im Kölner Stadtanzeiger schreibt er zutreffend: „Es fällt in Merkels Zuständigkeit und nicht in die versammlungsrechtliche Zuständigkeit der Länder, einen Auftritt Erdogans in Deutschland durch unmissverständliche Verbalnoten an die Adresse der türkischen Staatsführung zu unterbinden.“ Der vollständige Beitrag von Dr. Michael Bertrams findet sich hier.