Höchste Zeit für die Rehabilitierung
Zu dem Entschließungsantrag des Bundesrates zur Rehabilitierung der nach 1945 in beiden deutschen Staaten wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen Verurteilten, erklären Gerda Kieninger, gleichstellungspolitische Sprecherin, und
Sven Wolf, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion:
„Dieser Entschließungsantrag stärkt das Vertrauen in den Rechtsstaat. Die Bundesregierung wird aufgefordert, Vorschläge zu erarbeiten, wie die Rehabilitierung der zwischen 1945 und 1969 diskriminierten homosexuellen Bürgerinnen und Bürger umgesetzt werden kann. Und dafür wird es höchste Zeit. Es war selbstverständlich, dass Homosexuelle, die während der Nazi-Zeit verfolgt wurden, rehabilitiert und entschädigt worden sind.
In der Bundesrepublik Deutschland galt die von den Nationalsozialisten 1935 verschärfte Gesetzgebung zur strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Handlungen bis zur Strafrechtsreform 1969 allerdings fort, auch in der DDR gab es vergleichbare Bestimmungen. Ein Skandal bleibt bis heute, dass Betroffenen bislang vergeblich auf eine Rehabilitierung warten.
Bis zur endgültigen Abschaffung des § 175 StGB am 31. Mai 1994 wurden in der Bundesrepublik Deutschland rund 100.000 Ermittlungsverfahren gegen Homosexuelle eingeleitet, 50.000 Urteile wurden auf der Grundlage des sogenannten „Schwulen-Paragrafen“ 175 StGB gefällt. In der DDR sind rund 1.300 Verurteilungen nachweisbar.
Die Aufhebung der entsprechenden Urteile ist nach Ansicht von Verfassungsrechtlern möglich. Wir erwarten, dass die Bundesregierung alle Möglichkeiten nutzt, um auf diesem Weg zumindest einen Teil des Unrechts wiedergutzumachen.“